Was hat Blech biegen mit der japanischen Faltkunst „Origami“ gemeinsam?
Im japanischen Raum wird die Kunst, bei der aus einem flachen Papier ohne technische Hilfsmittel ein filigranes Gebilde geformt wird, Origami genannt. Wer sich hingegen das Gehäuse der Getränkeautomaten in der Bahnhofshalle betrachtet, die technischen Geräte beim Zahnarzt oder die Dunstabzugshaube in seiner Küche, gerät selten so in Begeisterung, obwohl die Herstellung solcher Blechkomponente auf einem ähnlichen Prinzip beruht.
Denn auch hinter diesen alltäglichen Gegenständen verbirgt sich eine Kunst, von der die DIN 8586 nüchtern als „Biegeumformen“ spricht. In der Praxis wird es als „Biegen“ oder „Abkanten“ bezeichnet.
Obwohl die industrielle Blechbearbeitung und japanische Faltkunst unterschiedlichen Bereichen angehören, so besitzen sie doch eine grundlegende Gemeinsamkeit: Sowohl beim Blech biegen als auch beim Origami ist das Ausgangsmaterial ein ebener Zuschnitt und das Endprodukt von dreidimensionaler Gestalt.
So sieht es aus, wenn aus einem flachen Blech ein dreidimensionales Bauteil wird.
Was wird unter Blech biegen verstanden?
Blech biegen bedeutet, ein metallisches Werkstück entlang einer geraden Linie zu „knicken“.
Zu diesem Zweck wird das Werkstück von einem Stempel (Oberwerkzeug) in die Matrize (Unterwerkzeug) gepresst.
Mit welchen Verfahren lassen sich Blechzuschnitte an einer Abkantpresse bearbeiten?
Hierzu gibt es mehrere unterschiedliche Verfahren. Zu den drei wichtigsten Verfahren, mit denen Blechzuschnitte an einer Abkantpresse bearbeitet werden gehören:
1. Freies Biegen
Beim „Freien Biegen“ kantet der Stempel das Werkstück ab, ohne es dabei bis zum Anliegen in die Matrize hineinzupressen.
2. Prägebiegen
Das Prägebiegen unterscheidet sich vom freien Biegen dadurch, dass das Werkstück vom Stempel so weit in die Matrize hineingepresst wird, bis es an den Wänden der Matrize anliegt.
Der Abkantwinkel kann nicht wie beim Freien Biegen relativ unabhängig vom Werkzeug gewählt werden, sondern ist durch die Abmessung von Stempel und Matrize festgelegt. Vergleichsweise wie der Schlüssel ins Schloss, so passen Stempel und Matrize genau ineinander.
3. Drei-Punkt-Biegen
Das Drei-Punkt-Biegen unterscheidet sich von den anderen Biegeverfahren vor allem durch eine spezielle Matrize, deren Boden sich mithilfe eines Servomotors in der Höhe verstellen lässt. Das gebogene Blech berührt die Matrize an den beiden oberen Kanten und am Boden – von der Seite betrachtet also an drei Punkten. Der untere Punkt lässt sich in der Höhe verschieben, auf diese Weise wird der Abkantwinkel festgelegt.
Die Technologien zum Blech biegen im Überblick
Grafik angelehnt an Repetico
Welche Werkzeuge gibt es, um Bleche zu biegen?
Ein Werkzeugsatz für eine Abkantpresse besteht aus einem Stempel und einer Matrize. Wie hart ein Werkzeug ist, hängt vom verwendeten Stahl und der Weise ab, wie die Werkzeuge wärmebehandelt wurden.
Aufgrund der starken Beanspruchung beim Biegen von Blechen können die Werkzeuge trotz aufwendiger Herstellungsverfahren immer wieder eine Quelle für Winkelabweichungen und Druckstellen am Werkstück sein. Deshalb ist es wichtig, dass Stempel und Matrize pfleglich behandelt, regelmäßig gereinigt und überprüft werden.
1. Stempel und Matrizen
Jedes Abkantwerkzeug besitzt eine über die ganze Länge gleichbleibende Form. Das Unterscheidungsmerkmal der Werkzeuge ist ihr Querschnitt. Das wichtigste Kennzeichen eines Stempelquerschnittes ist die Form (Ausladung), mit der der Stempel nach vorne oder hinten von der senkrechten Linie abweicht sowie der Winkel an der Spitze.
Beim Freien Biegen werden mit einem einzigen Stempel unterschiedliche Winkel ins Blech gebogen. Für rechtwinklige Umformungen kommen beispielsweise Stemple mit Winkeln zwischen 30° und 88° zum Einsatz. Die Form (Ausladung), die ein Stempel besitzen sollte, hängt von der gewünschten Form des Werkstückes ab. Auch das Handling des Werkstückes beim Biegen hängt wird letztendlich von der Wahl der Werkzeuge bestimmt.
2. Mehrteilige Werkzeuge
Die Flexibilität der Abkantpressen erlaubt den Einsatz von mehrteiligen Werkzeugen zum Blech biegen verwendet. Diese mehrteiligen Werkzeuge erreichen die benötigte Bearbeitungslänge, indem einzelne Werkzeuge nebeneinander gerüstet werden. Dadurch entsteht ein durchgehendes Werkzeug.
Aufgrund des geringen Gewichts kann das Handling mehrteiliger Werkzeuge ohne technischen Hilfsmittel von einer einzigen Person bewältigt werden. Einige Hersteller bieten sogar mehrteilige Stempel an. Die mehrteiligen Werkzeuge sind in der Handhabung sehr flexibel, sie reduzieren die Rüstzeiten der Abkantpressen und haben eine hohe Präzision.
3. Sonderwerkzeuge
Mit Standardwerkzeugen lässt sich bereits ein großes Teilespektrum abdecken. Für besondere Geometrien können Sonderwerkzeuge speziell nach den Wünschen der Kunden angefertigt werden. Diese Sonderwerkzeuge eröffnen beim Blechbiegen ein Feld von Anwendungen, das mit Standardwerkzeugen gar nicht oder nur mit hohem Zeitaufwand bearbeitet werden kann.
Trotz der vielen Vorteile wird in der Praxis der Einsatz von Sonderwerkzeugen abgewogen, weil sie im Vergleich zu Standardwerkzeuge teuer sind und ihr Erwerb oft mit langen Lieferzeiten verbunden sind.
Wie wird entschieden, mit welchem Verfahren und mit welchen Werkzeuge Blech gebogen wird?
Am Ende dieses Beitrages steht eins wieder fest: Wie so häufig lautet die Antwort auf die Frage nach dem optimalen Verfahren „es kommt drauf an“. Profitieren Sie von unserer langjährigen Erfahrung auf diesem Gebiet und lassen Sie sich von unseren Konstrukteure beraten, damit wir gemeinsam für Ihre Anwendung das optimale Ergebnis erzielen.
Melden Sie sich doch mal bei uns, rufen Sie uns einfach an (07151 959 30 0) an oder schreiben Sie uns eine Mail (konstruktion@merath.com).