Elektronikkühlung – Teil 2: Entwärmung mit aktiver Kühlung

In diesem Beitrag erfahren Sie, wann Elektronikkühlung mit aktiven Kühlkomponenten vorzuziehen ist und auf was dabei zu achten ist.

Im Sommer mit dem Fahrrad bergab düsen und den Fahrtwind auf der sonnengewärmten Haut spüren, sorgt für deutlich mehr Abkühlung als dieselbe Strecke zu Fuß und damit ohne Fahrtwind zurückzulegen. Die Entwärmung der aufgeheizten Elektronik in einem Gehäuse funktioniert bei einer aktiven Kühlung ähnlich – allerdings ohne Hang und ohne Fahrrad aber dafür mit der geballten Kraft der Luftzirkulation.

Aktive Elektronikkühlung – mit Lüftern für Abkühlung sorgen

Wird es der Elektronik in einem Gehäuse so heiß, dass größere Mengen Wärme abtransportiert werden müssen, reichen passive Kühltechniken nicht zur Abkühlung aus. Aktive Kühlelemente wie Lüfter erzielen höhere Durchströmungsgeschwindigkeiten der Luft und transportieren größere Wärmemengen ab. Lüfter sind somit bei der Elektronikkühlung nicht nur besonders effizient, sie sind auch häufig im Einsatz.

Schutzblech mit Lüftungslöchern montiert vor einem Lüfter

So wird Elektronik auf Durchzug geschaltet

Was wäre es allerdings für eine Lösung, wenn es nicht auch hier mindestens ein „Aber“ gäbe 😉. Der Einbau eines Lüfters sorgt nicht nur für mehr bzw. überhaupt Lärm verglichen mit den passiven Lösungen zur Elektronikkühlung. Er benötigt im Betrieb auch mehr Strom und ist mit einem höheren Wartungsaufwand verbunden. Wie lange nun ein solcher Lüfter im Durchschnitt aushält, lässt sich in den Datenblättern der Hersteller genau herausfinden.

Exkurs: Das Kleingedruckte der Lüftungshersteller

Wir haben uns mal ein paar der Angaben genauer angeschaut:

  • Lebensdauer

Unterschiedliche Angaben, die sich rund um die Lebensdauer der Lüfter drehen, geben Auskunft darüber, wann mit einem Lüfterwechsel zu rechnen ist.

Der L10-Wert gibt beispielsweise an, nach wie vielen Betriebsstunden 10 % der Lüfter durchschnittlich ausfallen. Der MTBF-Wert (Mean Time Between Failures) hingegen erfasst die mittlere Zeit zwischen zwei Ausfällen. Das hört sich komplizierter an, als es ist. Da bei einem Lüfter das Auftreten des ersten Fehlers meist nicht zu einer Reparatur, sondern zu einem kompletten Austausch führt, entspricht diese MTBF-Angabe der durchschnittlichen Lebensdauer eines Lüfters und somit dem MTTF-Wert (Mean Time To Failure).

  • Betriebstemperatur

Mit höherer Betriebstemperatur steigt auch die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Ausfall. Die Lüfterhersteller definieren daher einen Temperatur-Referenzwert, auf den sich die Lebensdauerangaben beziehen. Für die Elektronik in einem Gehäuse bedeutet dies genau zu prüfen, welche Temperaturverhältnisse künftig vorliegen.

  • Lager

Damit sich überhaupt ein Lüftchen bewegt, benötigen die Lüfter Lager, die für einen flüssigen Betrieb der Lüfterblätter sorgen. Das Lager ist allerdings zugleich auch der kritischste Faktor, wenn es um die Lebensdauer des Lüfters geht.

Lüfter mit Gleitlager machen sich das hydrodynamische Prinzip zu Nutze. Das bedeutet, beim Drehen der Welle entsteht zwischen Lager und Welle ein Ölfilm zur Schmierung.

Im Gegensatz dazu eignen sich Lüfter mit Kugellager für extremere Temperaturverhältnisse. Zudem sind sie zuverlässiger, aber auch teurer in der Anschaffung. Bei Kugellager rollen Wälzkörper in – wer hätte es vermutet 😉 – Kugelform über zwei gegenüberliegenden Laufrillen. Genau dieses Rollen ist bei sich langsam drehenden Lüftern auch zu hören.

  • Axial- oder Radiallüfter

Heutzutage gibt es zur Elektronikkühlung Lüfter, die so flach und klein sind oder den Luftstrom so umlenken, dass sie in fast jede Lücke eines Gehäuses passen. Axial-Lüfter kommen dort zum Einsatz, wo hohe Luftmengen und nur geringe Widerstände vorliegen. Bei ihnen verläuft die Drehachse des Laufrades parallel (axial) zum Luftstrom. Im Gegensatz dazu können Radiallüfter einen Luftstrom um 90° umlenken.

Nun aber ab ins Gehäuse, die kleinen Kühlspezialisten wollen schließlich einen optimalen Platz, um sich um die Entwärmung der elektronischen Systeme zu kümmern.

Wohin mit den Lüftern zur Elektronikkühlung?

Je nach Bedarf sorgen ein oder mehrere Lüfter für einen Luftstrom, der im Vorbeiziehen die Oberfläche der wärmeerzeugenden Komponenten im Gehäuse (Hot Spots) kühlt und die entstandene Wärmeenergie der zu kühlenden Bauteile abtransportiert.

Damit in den Gehäusen der Luftstrom entweder von hinten nach vorne oder von unten nach oben ziehen kann, werden die Lüfter so positioniert, dass die Luft möglichst ungestört durchziehen kann. Dicht beieinanderliegende Bauteile bedeuten allerdings einen höheren Luftwiderstand. Ohne weiteres Zutun würde sich die kühle Luft den Weg des geringsten Widerstands suchen, anstatt zu den eingebauten Hot Spots zu strömen. Muss folglich der Luftstrom umgelenkt oder an eine bestimmte Stelle geführt werden, kommen Luftleitbleche zum Einsatz.

Das ist auch einer der Gründe, warum Blindplatten leere Kartenslots in einem Baugruppenträger belegen. Ein Großteil des Luftstroms würde ansonsten aufgrund des geringeren Luftwiderstand durch die leeren Slots ziehen.

Elektronikkühlung im Gehäuse über 3 parallel Lüfter

3 Lüfter sorgen für eine ausreichende Entwärmung der Bauteile

Grundsätzlich lassen sich die Lüfter nach zwei unterschiedlichen Prinzipien anordnen. Beim Push-Prinzip bläst der Lüfter die Luft am zu kühlenden Bauteil vorbei. Im Gegensatz dazu wird beim Pull-Prinzip die Luft von den wärmeproduzierenden Komponenten abgezogen.

 

Zentrale Unterschiede der beiden Anordnungsprinzipien

Push-Prinzip Pull-Prinzip
Lebensdauer Längere Lebensdauer, da die Lüfter selbst im kühlen Luftstrom sitzen. Geringere Lebensdauer, da die Lüfter im wärmeren Abluftstrom sitzen.
Kühlleistung Lüfter geben bereits selbst etwas Wärme an den Luftstrom ab, bevor er die zu kühlenden Bauteile erreicht.

Bei gleichem Luftvolumenstrom kühlt ein Push-System aufgrund der höheren Luftmasse der kühleren Außenluft besser als ein Pull-System.

Zusätzliche Wärme der Lüfter wird erst an den Abluftstrom abgegeben und wirkt sich daher nicht auf die Kühlleistung aus.
Verteilung der Luft Luftumlenkung zu den Hot Spots durch bspw. Luftleitbleche nötig. Luftstrom verteilt sich gleichmäßig zwischen den Karten und in der Tiefe des Kartenkorbs.

Radiallüftern können eingesetzt werden, die Luft von unten ansaugen und nach hinten ausblasen. Es ist dann keine Luftumlenkung nötig und der geringere Druckverlust im Gehäuseinnern führt zu einem höheren Luftdurchsatz.

Eindringen von Schmutz und Staub Erzeugt Überdruck, der den Eintritt ungefilteter Umgebungsluft an den kleinen Öffnungen von bspw. Steckern verhindert, da hier etwas Luft entweicht (Schutz vor Staub). Erzeugt Unterdruck, sodass an den kleinen Öffnungen von bspw. Stecker Staub eindringen kann.

Warum sich nun nicht also den Vorteilen beider Prinzipien bedienen? Die beste Entwärmung lässt sich mit einem kombinierten Einsatz von Lüftern sowohl am Luftein- als auch -auslass (Push-Pull-Lüftung) erreichen. So wird nicht die Luftmenge erhöht, die durch das Gehäuse fließt, sondern nur der Luftdruck. Für die Elektronikkühlung ist dies besonders bei hohen Widerstände im Chassis eine vorteilhafte Methode zur Entwärmung. Das Hintereinanderschalten von Lüftern ist allerdings auch eine recht kostspielige Lösung, da doppelt so viele Lüfter verbaut werden.

Lüftungslöcher – wo Elektronik kühl bleiben soll, muss erstmal Luft rein

Gehäuse mit gegenüberliegenden Lüftungslöchern zur Entwärmung

Eine ganze Reihe von Lüftungslöchern

Egal ob nun die Luft in ein Gehäuse geblasen oder herausgesaugt wird, damit der Luftstrom überhaupt erst richtig fließen kann, werden Aussparungen für die Lüfter und Lüftungslöcher benötigt. Lüftungslöcher sind daher mindestens dort zu platzieren, wo Lüfter sitzen. Natürlich auch an der gegenüberliegenden Seite, sodass die Luft auch wieder entweichen kann. Gerade die besonders wärmeerzeugenden Bauteile sollten nahe an den Lüftungsschlitzen und Lüftern angebracht werden. So profitieren sie direkt von der kühlen Luft.

Lüftungslöcher (gestanzt) in ovalem Design

Design-Lüftungsschlitze

Allerdings sind Lüftungslöcher nicht nur Eingangs- und Ausgangsportal des Luftstroms, auch Staub und Schmutz können leicht ins Gehäuse gelangen. Staub ist jedoch so ziemlich das Letzte, dass man im Inneren einer Anwendung vorfinden möchte. Je mehr Staub sich dort absetzt, desto schneller verstauben die Lüfter und desto schlechter kann die Elektronik gekühlt werden.

Das bedeutet, je nach erforderlichem IP-Schutz werden passende Staubfilter vor die Lüfter gesetzt und die Größe der Lüftungslöcher beschränkt, um auch einen Berührungsschutz zu gewährleisten. Kurz gesagt: Je höher allerdings die Anforderungen an den IP-Schutz sind, desto weniger aktive Kühlung ist generell möglich.

Staubfilter vor Lüfter

Staubfilter vor Lüfter

Wie werden Lüftungslöcher hergestellt?

Für uns zeugen die unscheinbaren Lüftungslöcher vom Können unserer Maschinen. Mit Stanzwerkzeugen für Mehrfachlöcher oder in Form der Kiemen werden diese schnell und effizient in das Material eingebracht.

Gestanzte Luftkiemen in Blechteil

Belüftungsschlitze in Form von Kiemen

Einen Überblick zu unseren ganzen Stanzwerkzeugen gibt es in unserem Infoportal (www.portal.merath.com). Einfach anmelden und durch unsere Werkzeuge stöbern.

Bei der Elektronikkühlung auch gleich an die Wartung der Lüfter denken

Zugegeben, trotz Einbau fertiger Lüfter müssen auch bei der aktiven Kühlung eine ganze Reihe von Überlegungen angestellt werden. Nur so werden die Bauteile optimal entwärmt. Obwohl die einzelnen Lüfterkomponenten im direkten Vergleich zu anderen Kühllösung recht günstig sind, fallen während ihrem Betrieb weitere Kosten an. Die Lüfter verbrauchen schließlich nicht unerheblich Strom und es ist mit Wartungsarbeiten (z. B. Tausch der Filter) oder dem vollständigen Tausch der Lüfter zu rechnen. Im Gegensatz dazu sind die passiven Kühltechniken nahezu wartungsarm.

Für die Wartungsproblematik der aktiven Kühlung gibt es allerdings bereits clevere Lösungen, die zwar nicht die Kosten für neue Komponenten sparen aber zumindest dafür sorgen, dass die Lüfter leicht zugänglich bleiben.

Lüftereinschub mit drei Lüftern zur Elektronikkühlung

Auszugsschienen mit Lüftereinschub

Lüftereinschübe erschlagen sozusagen gleich mehrere „Fliegen“ mit einer Klappe bzw. einer Schublade 😉. Erstens: die Zahl der darin installierten Lüfter ist leicht variierbar. Zweitens: eine punktgenaue Kühlung bzw. Entwärmung der Elektronik ist möglich. Drittens, die Lüfterschubladen fungieren auch gleich als Seitenwand oder wie in diesem Beispiel als Bodenplatte. Das Beste an einer solchen Schublade ist allerdings, dass die Lüfter die ganze Zeit leicht zugänglich sind und Wartungen der Komponenten schnell und einfach von der Hand gehen.

Checkliste: Wann sich eine aktive Elektronikkühlung anbietet

Cool bleiben auch bei großer Wärme – das ist ein Job für aktive Kühlung. Für welche Anwendungen der Einsatz von Lüftern trotz des nicht unbeachtlichen Energieverbrauchs besonders geeignet ist, lässt sich anhand unserer kurzen Checkliste abschätzen:

Das spricht für eine passive Kühlung:

Cool bleiben auch bei großer Wärme – das ist ein Job für aktive Kühlung. Für welche Anwendungen sich der Einsatz von Lüftern trotz des nicht unbeachtlichen Energieverbrauchs besonders geeignet ist, lässt sich anhand unserer kurzen Checkliste abschätzen:

  • Es sind große Wärmemengen abzutransportieren.

  • Es ist kein Platz für ausreichend große Kühlkörper oder diese sind zu schwer.

  • Die Elektronikkühlung soll möglichst günstig sein.

  • Es ist kein geräuschloser Betrieb der Anwendung erforderlich.

Nichtsdestotrotz, gibt es natürlich Anwendungsfälle in denen trotz großer Wärmemengen Lüfter zur Entwärmung von Bauteilen erst gar nicht in Erwägung gezogen werden. Das ist gerade dann der Fall, wenn auf bewegliche Komponenten gänzlich verzichtet werden soll. Aber auch wenn es darum geht, das Risiko von Schmutzablagerungen mit Pilz- oder Bakterienbefall wie zum Beispiel in der Chemie oder Medizin zu minimieren.

Was passiert, wenn passive Kühlung nicht ausreicht?

Um die Leistungssteigerungen der Elektronikkomponenten abzufangen oder beispielsweise Hochleistungsprozessoren zu kühlen, reichen Lüfter nicht immer aus. Luftkühlung kann daher durch andere Kühlungsvarianten, wie die Wasserkühlung unterstützt oder gänzlich durch sie ersetzt werden. Wasser hat verglichen mit Luft eine deutlich höhere Kapazität um Wärme aufzunehmen und abzuführen, zudem ist eine reine Wasserkühlung geräuscharm. Eine Pumpe sorgt in diesem Fall für die Zirkulation des Kühlmittels (bspw. destilliertes Wasser mit Korrosionsinhibitoren) in den in Aluplatten gefrästen Kanälen.

Egal ob Sie am Ende nun Ihre Elektronik mit aktiven oder passiven Methoden entwärmen wollen, wir helfen Ihnen gerne das passende kühle Zuhause für Ihre Elektronik zu finden. Rufen Sie uns doch einfach mal (07151 959 30 0) an oder schreiben Sie uns eine Mail (info@merath.com).

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About the Author: Jana
Jana liebt es, die Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. In ihren Beiträgen geht sie daher nicht nur allerlei Fragen rund um die Metallverarbeitung nach, sondern ist auch stets auf der Suche nach dem passenden Bild, um auch die unscheinbaren aber wichtigen Dinge ins Rampenlicht zu rücken. Mit ihrer jahrelangen Erfahrung in Wissenschaft und Industrie erklärt sie komplexe Sachverhalte leicht verständlich.
Von Published On: September 3rd, 2020Kategorien: WissenSchlagwörter: